Erste abendfüllende Puppentheateraufführung in Gelsenkirchen

Die Corona-Pandemie hat die Premiere der ersten abendfüllenden Inszenierung der 2019 gegründeten Sparte Puppentheater am Musiktheater im Revier immer wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nun konnte endlich der Literaturklassiker vom Menschen Amphitryon und von Gott Jupiter Anfang April vom MiR Puppentheater mit Masken, Puppen und Objekten präsentiert werden. Puppen sind allerdings nur die Götter, die Hauptrollen spielen Menschen, daher ist die Frage, ob es eher ein Schauspiel mit Figuren denn ein Figurentheater mit Schauspielern ist.

Amphitryons Diener Stosia wird nach Beendigung des Krieges nach Theben vorausgeschickt, um die siegreiche Heimkehr seines Herren anzukündigen. Doch vor den Stadttoren trifft er auf seinen Doppelgänger, der ihm den Zutritt zur Stadt verwehrt. Auch Amphitryon muss feststellen, dass ein Doppelgänger bereits seiner Frau Alkmene besucht hat. Diese wird von den Vorwürfen des "zweiten" Gatten über ihre angebliche Untreue verunsichert. Jupiter hatte sich als Doppelgänger ausgegeben, da er ebenfalls Alkmene begehrt. Letztendlich wird mit dem Verwirrspiel die Frage nach wahrer Identität gestellt. Der Regisseur Nis Søgaard hält den Figuren den Spiegel vor und stellt den Glauben an höhere Mächte in Frage.

Das Industriedesign der Bühne (Jelena Nagorni) und die gelackten steifen Kostüme (Amit Epstein) schaffen eine distanzierte künstliche Atmosphäre. Diese Künstlichkeit wird durch die Puppen von Lili Laube unterstützt. Die Art-Pop-Band "We Will Kaleid" untermalt die Motive rund um die Selbstdarstellungswut der Menschen mit modernem Sound. Durch diesen unterkühlten Stil bleibt man als Zuschauer distanziert und von der deutschesten aller Komödie bleibt leider nicht viel komödienhaftes übrig.
Sigrid Riemer