Liebe zwischen Traum und Albtraum
Eine gelungene Inszenierung von Tobias Materna von Shakespeares „Sommernachtstraum“ im Grillo-Theater
Unter der Regie von Tobias Materna (51 J.) gelingt es dem Essener Schauspielensemble, Shakespeares „Sommernachtstraum“ in einer mit Verve gespielten Aufführung auf die Bühne zu bringen.
Auf den Liegen eines Wellnesshotels besprechen Theseus und seine zukünftige Frau Hippolyta die letzten Einzelheiten ihres bevorstehenden Hochzeitfestes. Die Vorfreude wird jedoch dadurch getrübt, dass die von Hermias Vater arrangierte Ehe mit Demetrios auf den offenen Widerstand seiner Tochter trifft, die sich Lysander als Lebenspartner in den Kopf gesetzt hat. Derweil ist Helena hinter Demetrios her, den sie auf Schritt und Tritt verfolgt. Die Liebeshändel werden mit Einbruch der Dunkelheit in den nahen Wald verlegt, dem Reich des Elfenkönigs Oberon, der im Unfrieden mit seiner Frau Titania lebt. Indem der Regisseur die Frauen die für die Männer vorgesehenen Texte sprechen lässt, treibt der Wirrwarr der Liebesbeziehungen einem neuen Höhepunkt zu. Der dramaturgische Kniff führt zu Szenen, die zeitweise an eine moderne Genderdiskussion erinnern. Schließlich beauftragt Oberon seinen Helfer Puck mit Hilfe von Scheinwerferbestrahlung als Zaubermittel das liebestolle Quartett in den Schlaf zu versetzen und ihre Begierden neu zu justieren.
Komödiantischer Höhepunkt ist die gelungene Persiflage einer Theaterprobe, die den eskalierenden Streit zwischen deren Leiter und der Handwerker-Schauspielergruppe über die Interpretation und die Verteilung der Rollen kabarettreif ausspielt. Der sommernächtliche Spuk endet, indem alle Paare schließlich ihre Wunschpartner finden und Hochzeit feiern. Die überwältigende Spiellaune des Ensembles wird vom Publikum mit großem Applaus honoriert. Dauer der Vorstellung: 2 Stunden 40 Minuten inklusive Pause.
Karl Wilms