Kazimira
Generationenroman von Svenja Leiber
Schauspiel | Theater Oberhausen
Uraufführung
In einer Fassung von Krystyn Tuschhoff u. Saskia Zinsser-Krys
Regie: Krystyn Tuschhoff
Bühne und Kostüme: Anike Sedello
Musik: Clemens Giebel
Dramaturgie: Saskia Zinsser-Krys
"Vom ersten Tag an wusste ich, dieses Mädchen ist zu eigen für den Platz, den unsere Zeit ihm zuweisen will, und ich fürchtete den Schmerz, der ihm begegnen würde und dann begegnet ist.“
Kazimira ist eine eigenwillige Frau. Wortkarg und unerschrocken blickt sie den Widrigkeiten des Lebens ins Gesicht und geht ihren eigenen Weg. Sie lebt an einem abgeschiedenen Ort am Baltischen Meer im ausgehenden 19. Jahrhundert. Dort bringt sie ihrem gutmütigen Mann Antas vom Meer angeschwemmten Bernstein, der wie kaum ein anderer daraus Schmuck und Figuren drehen kann. Moritz Hirschberg, ein jüdischer Unternehmer, erkennt dieses Talent und stellt Antas als wichtige Fachkraft in der Annagrube, seiner Bernsteingrube, an. Kazimira ist zuhause und kümmert sich um Heim und Kind – die sie beide nie wollte. Den unbändigen Drang, wie ein Mann arbeiten zu dürfen, kann sie nur schwer unterdrücken. Die Industrialisierung des Küstenabschnitts bringt nicht nur Reichtum und Wohlstand, sondern bietet auch Nährboden für den aufkeimenden Antisemitismus und Nationalsozialismus. Die Familie Hirschberg wird vertrieben und Kazimiras Sohn kommt gebrochen aus dem Ersten Weltkrieg wieder nach Hause. Schon immer als Außenseiterin gebrandmarkt, gibt sie das Ringen um Selbstbestimmung nie auf: Sie verliebt sich in eine Frau, schneidet sich die Haare ab und näht sich Hosen. Die kurze Blütezeit der Bernsteingegend ist vorbei, doch Kazimira überdauert. So wird sie Jahrzehnte später letzte Zeugin, als die SS am Ende des Zweiten Weltkriegs aus dem aufgelösten Außenlager eines KZs 3.000 jüdische nackte Frauen und Mädchen in die leere Annagrube treibt und die ehemalige Bernsteingrube zum Massengrab macht.
Svenja Leiber, 1975 in Hamburg geboren, erzählt in ihrem Familienroman mit zärtlicher und poetischer Sprachwucht von dem rauen, schweren Leben einer selbstbestimmten Frau und deren Kindern und Kindeskindern. Präzise zeichnet sie dabei nicht nur das Portrait einer bemerkenswerten Heldin, sondern verfolgt
über vier Generationen hinweg die Geschichte Ostpreußens, vom Kaiserreich über den schwelenden Antisemitismus bis zum Ende des Nationalsozialismus.
(Theater Oberhausen)
Theater Oberhausen
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